
09 Jun Aston Martin DBS Volante
driven by exception
Hamburg im Sommer 2019
Man kennt das aus der Kindheit. Der Tag nach der Bescherung, Feiertag, das Geschenkpapier ist wieder sorgfältig gefaltet im Schrank verstaut, das Fahrrad steht blitzblank geputzt im Hof und es schneit. Warten bis die Strasse trocken, bis es wieder ein wenig wärmer ist. Die Eltern wollen das so und wenn man sieben Jahre alt und ein braver Junge ist, dann wartet man. Und man wartet gefühlt Jahre bis dann der Tag da ist. Trocken, die Sonne scheint und der Sattel empfängt den Hintern, die Enden des Lenkers werden umfasst. Die Speichen, mit bunten Plastik-Karten bestückt und der rechte Fuß thront aus dem Pedal. Vorher noch das Hosenbein mit einer Klammer vor dem Kettenfett geschützt. Raus aus dem Hof, auf die Strasse und los.
Mit über 50 fragt ma niemand mehr, aber man würde gern den Eltern diesen Wagen zeigen, den Schlüssel, das Verdeck, wie es sich von Geisterhand hebt, faltet und dann in seinem Verschlag entschwindet. Der Deckel senkt sich und es ist verschwunden. Als hätte man den Wagen ohne Dach gebaut. Einem klassischen Roadster gleich.
Fahrbericht: Aston Martin DBX 707
Raus auf die Strasse, das heisst der Finger drückt den runden, gläsernen Knopf nach unten. Der linke Fuß entfernt sich von Pedal, der rechte senkt sich leicht. 30er Zone, Häuser links und rechts. Mit kleinen Beeten davor. Zwei Jungs spielen mit einem gelb-roten Plastikbagger, sie schaufeln Match in einen LKW. Und sie schauen dem blauen Wagen zu, er rollt vorbei und biegt nach rechts ab. So langsam wie nur irgend möglich, auf das man ihn sehe, bewundere, den Fahrer beneide. Eitelkeit ist ein feines Geschäftsmodel. Es funktioniert fast immer. Auch bei sehr teuren Autos. Knapp 200.000,00 Euro muss man zahlen. Und nicht jeder Händler hat den brandneuen DBS Volante gleich zur Hand. Es dauert bis Ende 2019. Und wir haben ihn schon jetzt. Zur Erprobung. Ob das mit 340 km/h auch stimmt und ob die 725 PS den Wagen in 3,6 Sekunden bis zur 100 km/h-Grenze treiben können. Das Thema Versuchung wird zum Versuch.
Man muss ein paar Kilometer über Landstrassen fahren, um dann eine Autobahn ohne Limit zu finden. Trocken sollte es sein und recht leer. Alle drei Bahnen besetzt und das Thema Ü-300 ist perdu. Doch dann greift sich der DBS die linke Bahn und rennt los. Das Getriebe, vorab schon mal auf schnellste Schaltzeiten eingenordet, arbeitet dann auch entsprechend. Der Motor steckt im Liefermodus, also volle Möhre und die 300 sind dann auch recht schnell geknackt. Bis 325 geht es vorwärts, dann greifen Mittelspur-Besetzer ein und testen unsere Bremsen. Bis dahin darf man ohne Übertreibung von einem sehr sauberen, sehr emotionalen Run sprechen. Der Aston sitzt breit und satt auf der Bahn. In Kurven gibt’s kein Problem, auch nicht mehr über 250. Die Lenkung ist sehr konzentriert bei der Sache, das Fahrwerk ebenso. Man kann sich die 340 gut vorstellen. Well done.
Und nun ein anderes Thema. Noch eine Zahl, die man gerne überprüft. 3,6 Sekunden aus dem Stand bis Tempo 100. Eine einsame, verlassene Landstrasse an der Mosel. Die Gerade ist schön lang, Häuser mit Menschen drin sind weit weg. Im Auto sitzen insgesamt 150 Kilo. Macht zusammen gut zwei Tonnen. Stillstand, Getriebe im Manuell-Modus. Smartphone-Stoppuhr auf Null. Und los. Die Nase nach oben, der Drehzahlanzeiger springt förmlich in Richtung 7.000. Der Wagen rennt und die digitale Anzeige kommt mit dem anzeigen kaum hinterher. 3,65 Sekunden und Stopp. Das war laut, das war blitzschnell und das war sehr sauber, weil kein Mucks vom Fahrwerk, der Lenkung und den Reifen. Die Bremsen arbeiten sehr, sehr hart und sicher. Die Pirellis haben uns, wie eigentlich immer, überzeugt.
Und nun die Volante-Variante. Dach ab, man schlendert wie ein Gentleman durch die Gegend. Lustwandeln nannte man das früher. Der V12 läßt den Treibstoff wie bei einer Weinverkostung recht langsam die Kehle hinab laufen. Wie feines Olivenöl. Hier und da ein Daumen hoch, zumindest aber ein Kopf, der entgegen der Laufrichtung gedreht wird. Nicht nur, weil der DBS Volante so neu ist. Der DBS hat diese klare Aura der Exklusivität am Leib, die man nie übersehen aber schon ignorieren kann. Was echt schwer ist, denn im Einerlei der üblichen Büro-Limousinen ist ein Aston Martin immer der Kerl im feinen Zwirn, den man bewundert und gerne fragen möchte, wo man diese Hülle denn kaufen kann. Aber oft läßt man die Finger davon, einfach nur schauen ist dann doch cooler.
Wieder vor der heimischen Garage, das Dach wie ein Sommerhut oben auf. Ein paar Kinder auf dem Fahrrad halten an und schauen sich den Hintern an. Ein Junge fragt, was das denn sei. Ein Aston Martin DBS Volante. Whow. Und so schön blau.
Die technischen Daten laut Hersteller:
Motor V12 Turbo
Hubraum: 5.204 ccm
Leistung: 533 kW / 725 PS bei 6.500 U/min
Drehmoment: 900 Nm ab 1800 U/min
Antrieb: Hinterräder
Getriebe: 8-Gang Automatik
Maße:
Länge: 4.715 mm
Breite: 1.970 mm
Höhe: 1.295 mm
Radstand: 2.805 mm
Wendekreis: 12,3 m
Trockengewicht: 1.863 kg
Fahrleistungen/Verbrauch
0-100 km/h: 3,6 s
Top Speed: 340 km/h
Verbrauch nach WLTP: 14,00 l/100 km (geschätzt)
COS nach WLTP: 295 g/km (geschätzt)
Preis in Deutschland ab: 195.500,00 Euro
Fotos: Aston Martin / Ralf Bernert
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