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BMW 503: Der Wirtschafts-Wunder-Wagen

Es ging steil bergauf, Deutschland war Weltmeister, die Schaufensterpuppen trugen wieder schicke Kleider, Frank Sinatra sang uns den Swing und ein Graf in New York zeichnete mit feinem Strich für BMW drei sehr exklusive Autos.

 

Am Comer See sitzt George Cloney und geniesst sein Frühstück. Ein paar Espressi aus der Maschine, natürlich ohne Plastik-Pads. Er schaut auf den See und denkt über die 50er nach. Frankie und seine Ratten-Bande, dunkle Anzüge mit schmalen Krawatten, Männer mit Hut und sehr dunkler Sonnenbrille, sechs Meter Auto am Stück auf US-Highways, Heckflossen, in Deutschland sind die Fußballer im siebten Himmel und in New York wird auf einem leeren Blatt Papier ein Auto skizziert, das Mr. Ocean sehr gut gestanden hätte. Ein BMW mit einem unauffälligen Gesicht aber einem V8-Motor für die schnelle Flucht vor schweren Limousinen. Auf dem Weg in seine Villa könnte er den Ellenbogen lässig über aus dem geöffneten Fenster hängen lassen. Im Kofferraum die „Einkäufe“ der letzten Nacht. Ja George, das Leben könnte besser nicht sein.


Sonnenbrille auf, Fenster runter, der V8 säuselt sich warm, hinten vibriert ein Auspuffrohr lässig vor sich hin. Zwei Bayern, ein Hamburger und ein Brite unterwegs vom Lago di Como zum Zürisee. Die Berge zwischen den beiden Gewässern betrachten wir als locker besteigbar, die Huber-Buam würden über die Pässe springen, wir werden auf Ledersesseln logierend die Chips der Digitalkamera mit Beweismaterial füllen, immer wieder tief durchatmen und zwei Tage an Graf von Goertz denken, der uns den 503 gezeichnet hat.


Schnick – schnack – schnuck, erst das Coupé mit Schaltstock am Kardantunnel. Der 503 mit Dach, vier Sitzen und wunderbaren Schiebern für Heizung und Lüftung will jetzt los. Links ab, am See entlang dann links rüber nach Lugano, wo man mehr Uhrengeschäfte findet als in ganz Deutschland. „Wir fahren mit zwei von 412.“ Der britische Kollege ist zurecht ein wenig stolz auf seinen edlen BMW. Der 503 war kein Burner, wie man heute sagt. Vier Jahre vor der denkwürdigen Hauptversammlung, in der die Übernahme durch einen Konkurrent aus Stuttgart gerade noch abgewendet wurde, hatte man in München über Sportwagen und mehr Eleganz nachgedacht. Der US-Importeur Max Hoffmann lehnt erste Entwürfe ab und empfiehlt Albrecht Graf von Goertz, einen Deutschen mit Wohnsitz New York. Der zeichnet drei Autos. Einen Roadster, ein Cabrio und ein Coupé. Alle drei werden gebaut und mit der Technik des 502 bestückt. Der Zweisitzer 507 wird die Herzen der Prominenz höher schlagen lassen und mit seinen 150 PS als Ikone der 50er in allen Büchern über die schönsten Autos einen festen Platz bekommen. Das Cabrio und das Coupé werden 503 genannt und ebenfalls mit dem V8 bestückt, der mit zehn PS weniger als der 507 angetrieben wird. Vier Gänge, zunächst am Lenkrad zu schalten, reichen aus, um den sehr ruhig und elegant gezeichneten BMW voran zu treiben. Fast 30.000 DM werden verlangt. Eine Summe, die man auch für ein Häuschen ausgeben konnte.


Hinter dem schlanken Lenkrad schaut man auf zwei riesige Rundinstrumente, die Mittelkonsole ist mit Radio und vielen Knöpfen und Schiebern bestückt. Damals war noch Handarbeit angesagt, der Fahrer hatte zu tun. Sonnenbrille auf der Nase, Krawatte in der Mitte und Frankie im Radio war nicht genug. Heute pendelt die Hand zwischen iDrive und dem Knie der Beifahrerin hin und her. Autofahren in den 50ern war vielleicht doch ein wenig anders.

Motor: V8


Hubraum: 3.168 ccm


Leistung: 103 kW/140 PS


Leergewicht: 1.500 kg


Länge: 4.750 mm


Breite: 1.710 mm


Höhe: 1.440 mm


Radstand: 2.835 mm


Beschleunigung: 0-100 km/h in 13 Sekunden


Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h


Produktion: 273 Coupé: 139 Cabrio


Preis: 29.500 DM


Preise heute: vielleicht 200.000,00 Euro


Text: Ralf Bernert


Fotos: Gudrun Muschalla


/Hardy Mutschler

Ein unaufgeregtes, schönes Auto

Jetzt machen wir auf Artenschutz. Ab Lugano werden die Berge höher und die Dörfer kleiner. An der Ampel wird man angesprochen und die Schweizer entpuppen sich als echte BMW-Kenner. „Ja, das ist ein 503.“ Der 507 rückt im Gedächtnis immer weiter nach hinten, an einer Ampel erzählt man von einem reichen Bauern, der so einen hatte. Drei Grünphasen später winken wir zum Abschied, hinter uns hat niemand gehupt. Das Coupé freut sich auf die Berge, zieht immer besser. Die Bremsen und die Lenkung werden uns daran hindern, hektisch oder allzu rasant die Kurven zu fahren. Der Albullapass kommt näher, Spitzkehren wechseln sich mit kurzen Geraden ab und jeder Touri-Bus versaut uns die Aussicht. Wie schön, dass der 503 keine B-Säule hat. Oben auf der Passhöhe, wir lesen 2.300 Meter über Null, ist Partnertausch angesagt. Wir verabschieden das Coupé und swingen im Cabrio den Berg hinab. Selten war ein Abstieg derart stilvoll.

Zürich mit seinen Banken und dem beeindruckenden See rückt näher, die Reise neigt sich ihrem Ende und bei einer kleinen Verschnaufpause werden Erfahrungen ausgetauscht. Ob Coupé oder Cabrio, beide 503 werden als elegant-sportlich eingestuft. Heute werden Sammler-Preise verlangt und gezahlt, damals Mitte der 50er musste man ein Einfamilienhaus verkaufen um den 503 beim Händler bestellen zu können. 412 mal wurde der BMW als Coupé oder als Cabrio verkauft, zu wenig, um BMW wirtschaftlich zu helfen. Ein paar Jahre später halfen den Münchnern nur noch die Millionen eines bekannten Investors. Heute darf man dem 503 den Ruf eines unaufgeregten, schönen Autos nachsagen. Der Wirtschafts-Wunder-Wagen ist eine Rarität mit der Fähigkeit aus dem Schatten des großen 507 zu fahren. George Cloney würde wahrscheinlich lieber den 507 fahren, aber nur, weil ihm sein PR-Berater dazu raten würde. Ich persönlich würde den US-Schauspieler viel lieber in einem Morris Minor Traveller mit Espresso-Maschine im Laderaum sehen.

Fotos: BMW