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Fahrbericht BMW Z8: Im Schrank mit Aussicht

Allein mit einem roten Z8, mitten in Hamburg. Im Oktober. Wenn man Autos dieses Kalibers wie ein Sommerjackett in den Schrank hängt. Vorher eine Folie drüber, wegen der Motten und gegen den Staub. Und? Keine Folie, kein Schrank. Dafür Seeluft und Möwen.

 

Zwischen den marineblauen Zweireihern mit Goldknöpfen sieht der Z8 aus wie ein Farbfoto im Stummfilm. Eine rote Blume auf vier sehr kurzen Stielen. Ein schwarzer Tupfer oben auf der Blüte und lupft man den Tupfer füllt sich die Nase mit der vollen Ladung Sommer. Unerbittlich, gnadenlos. Der Z8 ist ein Profi, ein Emotions-Profi.


Ein BMW Z8, schön wie Ornella Muti


Lange liegt der Schlüssel nicht auf dem Schreibtisch, andere Schlüssel sind da ruhiger, stiller und genügsamer. Der Doppelbart mit Anhänger liegt auf der Glasscheibe und vibriert in aller Ruhe. Man merkt es nicht, man hört es nicht, aber es ist da. Diese Spannung, wie ein Geschenk, das der Paketbote eben abgegeben hat und das nun in der Diele liegt. Zwischen Haustürschlüssel und Regenschirmen. Die kleine Schleife in rot um das Papier zuckt und man spürt es sogar wenn man im Keller nach dem Wein für den Abend sucht. Dieses leise, jedes andere Geräusch übertönende „mach´ schon“ ist eine Gemeinheit, weil man eigentlich etwas anderes vorhat. Und dann kommt auch noch die Sonne raus und lacht Dich aus oder an, je nach dem.


Auf alle Fälle steht man dann plötzlich vor der Wohnungstür, der Schlüssel liegt in der linken Hand, keine Ahnung wie der da hinein geraten ist, die Tür öffnet sich, man hat plötzlich Schuhe an und die Jacke hängt auch nicht mehr am Kleiderbügel. Das ist alles sehr wunderlich. Andere Testwagen sind mit ihren Botenstoffen wesentlich sparsamer unterwegs. Die Füße laufen die Treppe hinunter, durch den Innenhof, vorbei am kleinen, schmiedeeisernen Tor, rechts um die Ecke und dann auf der anderen Strassenseite. Wie vor einer Stunde abgestellt, lugt der rote Hintern hervor. Rund, ein klein wenig italienisch. Nicht wie die Loren zu ihren besten Zeiten, eher wie Ornella Muti und natürlich lockt weiter vorn dieser betörende Mund, leicht gespitzt als sollte gleich der Lippenstift den letzten Rest an Zurückhaltung wegmalen. Dazwischen kleine Türen, dann das Verdeck, nur eine kurze, schwarze Mütze, auch wenn das Gestänge darunter durchschimmert wie die Träger einer Last, die man so gerne von ihnen nimmt. Gleich ist es soweit, nur noch den Hintern aufs Leder, den Schlüssel in die Pforte, ein wenig nach rechts drehen, bis es leicht klickt und dann der silberne, kleine Knopf mit den noch kleineren Symbolen, wie Hieroglyphen in einer Pyramide. Den Knopf an der unteren Seite drücken, Dach ab, die obere Kante bedeckt den Kopf wieder. Das dauert ein paar Sekunden, es öffnet sich kein Verlies, keine Behausung für den Stoff. Das Verdeck wird gefaltet und abgelegt, wie eine Akte, die man gleich noch mal braucht. Es könnte ja sein, dass es weiter oben an Feuchtigkeit zunimmt.


Bakelit war gestern – Schoko aus dem Rundinstrument


Überhaupt Knöpfe und Instrumente. Wie im MINI, nur halt feiner, größer, edler und BMWiger. Im Z8 schaut man nach vorn und in die Mitte, dort ruhen die Rundinstrumente. Fein säuberlich in den Lack eingearbeitet oder der Lack wurde um die Instrumente gegossen. Es strahlt, es glänzt und es ist eben nicht dieses Fifties-Feeling aus Stoff, Leder, Holz, Chrom und Bakelit, sondern kühle Symmetrie aus Aluminium gepaart mit einer Hügellandschaft, die sich quer durch den ganzen Wagen zieht, als wäre es eine silberne Wiese im Auenland. In der Mitte, dort wo ein Quartett aus Rundinstrumenten mit dem kunstvollen Lenkrad um die Gunst des Betrachters wetteifert, ist der Schutz vor der blendenden Sonne eher einem Architekt zu verdanken, man denkt gleich an das Sonnendach einer feinen Eisdiele, aus den Öffnungen darunter könnte man Schoko, Vanille, Erdbeere oder Waldmeister löffeln. Ja, schon klar. Es ist Herbst und die Schlagsahne kommt aus der Mittelkonsole.


Der BMW Z8 ist ein Vehikel mein Freund


Der V8 da vorn zuckt schon und die Reisetasche wird sich im Kofferraum wohl fühlen. Und ewig lockt die Strasse, mit Kurven, Steigungen, Bäumen als Publikum und dieser verbindenden Art, wie man sie eigentlich nur von Telefonkabeln kennt. Der Z8 als Vehikel für eine Information: „Unterwegs in einem roten Zweisitzer, bin bald da oder auch nicht.“. Tür zu, Schlüssel rein, ein Fußgänger schaut mal rüber und geht weiter. Nee mein Freund, so nicht.

Damals, anno 2000, der Z8 war blau und stand in der Testwagen-Unterkunft in München. Der erste Testwagen überhaupt und dann gleich so ein Oschi. Mitten durch Bayern, dann nach Italien, Frankreich, Luxemburg, die Eifel und nach Hamburg. Ich wollte der ganzen Welt meinen Testwagen zeigen. Mein Vater, ein Opel Kapitän-Fan, saß den ganzen Nachmittag vor dem Fenster und passte auf den BMW auf. Alle zehn Minuten pirschte er sich durch die Garage an den Wagen ran, für Diebe und Finger-auf-den-Lack-Drücker keine Chance. Ansehen ja, anfassen im Leben nicht. 235.000 Mark und dann so ein Teil. 400 PS und diese Motorhaube. Blaue Bohnen sind schneller aber niemals so elegant unterwegs. Die Mutter stieg in ihr schönstes Kopftuch und lachte den Fahrtwind aus, die Nachbarn wollten nicht so recht, da schon eher die Kinder mit den üblichen, fachmännischen Fragen nach Null bis Hundert oder wie schnell er denn gehe. Damals, anno 2000, sagte man noch „krass“. Heute wird man bei 250 km/h vom Vertreter im Chip-getunten A6 Kombi blöd angehupt. Man geht dann zur Seite und freut sich. Niemand steht auf schnelle Ödnis aber jeder reckt den Daumen, wenn er einen Roadster der Qualität eines Z8 sieht. Sogar in Deutschland erntet man den erhobenen Daumen.



Motor: V8

Hubraum: 4.941 ccm

Leistung: 294 kW / 400 PS

Drehmoment: 500 Nm


Antrieb: Hinterräder

Getriebe: Sechsgang Handschalter

Leergewicht: 1.660 kg


Maße:

Länge: 4.400 mm

Breite: 1.830 mm

Höhe: 1.317 mm


Fahrleistungen:

0-100 km/h: 4,7 Sekunden

Top Speed: über 250 km/h


Neupreis: 235.000,00 DM

Preis heute: um um 200.000,00 Euro

Schön wie Ornella Muti

Der Motor läuft, erster Gang, Kupplung kommen lassen, Gas und los. Die ersten Meter, die ersten Kurven, der BMW will weit mehr, als ich kann. Die 277 PS treiben den Bayer immer weiter nach vorn, der 6-Zylinder jubiliert ab 3.500 Touren wie ein Jüngling nach dem ersten Kuss im Kino. Der Heckantrieb läßt den Hintern hier und da in Richtung Leitplanke flanieren, die Lenkung ist unglaublich präzise, die Bremsen ein Gedicht und so allmählich werde ich warm mit diesem Wunderwerk der späten Siebziger. Es grinst sich leichter, wenn du weißt, dass es noch besser, noch schneller wird.


Hinein in die Fuchsröhre, jener Abschnitt der Nordschleife, in die man hinab fliegt und ganz weit unten dann so dankbar ist, dass das Frühstück nur aus einer Banane bestand. Der M1 rennt los wie ein Jagdhund auf Speed, immer schneller, immer lauter, bis dann im fünften Gang die Döttinger Höhe durchflogen wird. Hier ruht sich der Fahrer aus, ein paar Momente der Entspannung und die Runde fängt wieder an. Diesmal die Schikanen aus drei Kurven richtig ansetzen. Der M1 erinnert sich an seine Kindheit, die unzähligen Runden mit Marc Surer, der damals dem M1 als Testfahrer alles abverlangte und der mir erzählte, dass man dem M1 unbedingt eine Frontschürze verpassen solle. Weil der BMW vorn gerne zu leicht wird und das macht sich in langen, schnellen Kurven unangenehm bemerkbar. 


Heute ist Geburtstag, heute wird gefeiert. Sie haben Bücher über ihn geschrieben, Lieder komponiert, Reden gehalten und sie haben ihm eine Rennserie geschenkt. Procar. Der M1 im Rennanzug, mit bis zu 800 PS. Im Vorprogramm der Formel-1 und alle sassen drin. Niki Lauda, Nelson Piquet, Marc Surer, Jochen Mass, Carlos Reutemann und so weiter. 


Mein roter M1 rennt und rennt, die leicht hakelige Schaltung war nur am Anfang ein kleines Problem. Jetzt läuft der Schalthebel fast von selbst durch die Kulisse. Der Motor ist in seinem Element, die Drehzahlsprünge werden mit dem Sound des Treibwerks bestens untermalt. Man wird so langsam eins mit dem M1 und der Sportler aus München hat seine Freude. Vielleicht stammt der Claim „Aus Freude am Fahren“ genau aus solchen Momenten. Die letzte Runde, abkühlen. Für Mensch und Maschine. Schaufensterbummel in der Eifel. Jetzt weiß ich, weshalb so viele Menschen, jedesmal wenn BMW einen Sportwagen ankündigt, einen neuen M1 herbei sehnen. 


Aussteigen. Halbwegs elegant und lässig. Nochmal eine Runde um den Wagen. Damals musste man 100.000,00 Mark hinblättern. Heute werden leicht 500.000,00 Euro verlangt. Wer ernsthaft einen kaufen will, sollte genau hinschauen. Auch wenn die Technik sehr robust und langlebig ist, der Rahmen kann rosten. Viele M1 wurden in Procar-Optik verwandelt. Ein Rückbau ist extrem teuer. Der M1-Club kann helfen. Und wie bei allen Klassikern hilft: Zeit, Ahnung und Geld. 


Fotos: BMW