driven by exception
Maranello, 2017
Immer die erste. Perfekt, wenn du den Schwung mitnehmen kannst, mit einem Rutsch in den Kreis, dann kurz lupfen und wieder raus. Rumms. Das könnte man den ganzen Tag machen. Kreisel suchen und Erste-Ausfahrt-Tango tanzen. Oben bei Maranello geht das ganz gut. Und der 488 GT Spider ist einer der besten aller Tänzer.
Erstmal raus, beim Pförtner den Schlüssel in Empfang nehmen, dann eine kurze Unterweisung der Technik des 488, einsteigen, Stromkreis schliessen und weg mit dem Verdeck. Zündung, jaaa. Der V8 klingt gut, sehr gut. Kehlig, ernsthaft. Wie jemand, der dir ein Versprechen gibt. „Du wirst gleich Spaß haben. Versprochen“. Ich glaub´s sofort. Wir erinnert uns an eine kurze Begegnung mit dem 488 GT Spider im Taunus. Zwei Stunden nur, ohne Sonne, ohne Gelato, ohne Kreisverkehr.
Fahrbericht Ferrari 488 GT Spider – Große Oper
Heute ist alles anders. 30 Grad im Schatten, man sollte ein Dach über dem Kopf haben. Vor allem, wenn das Haupthaar schon vor Jahren aus dem Haus geflogen ist. Sonnenbrände oberhalb der Nase können, vor allem beim Duschen, sehr unangenehmen werden. Zudem sehen sie nach zwei Tagen schlimm aus. Stichwort: Klingonen-Stirn.
Der 488 als Coupé ist in der Ferrari-Familie der Sportler, er rennt die Kurzstrecke in Rekordzeit, er ist in der Arena die Nummer Eins und er verkörpert den Sportsgeist aus Maranello so klar und deutlich wie sein Vorgänger, der 458. Nur dass der ohne Turbolader unterwegs war, also ein Drehzahljunkie und der 488 seine Kräfte turbotypisch linear an die Räder liefert.
Der Spider unterscheidet sich in ein paar Zahlen vom Coupe: 50 Kilo schwerer, zehn km/h langsamer, von 0 auf 200 vier Sekunden langsamer. Und natürlich: knapp 25.000 Euro teurer. Dafür kann man hier in Deutschland rund 17.000 Liter Superbenzin tanken und sich die Sonnencreme sparen. Langsamer, schwerer, teurer? Der gleiche Motor, die gleichen Sitze, überhaupt, eigentlich alles gleich. Bis auf eines: Emotion. Die liefert auch der GTB, aber eben ohne Frischluft im Überfluss.
Fahrbericht Ferrari 488 GT Spider – 120 mit Luft im Haar
Man ringt natürlich im Coupé mit der Fassung, wenn der Hahn so richtig aufgedreht wird, wenn der Italiener mit Geschrei von Kurve zu Kurve rennt und er kann unglaublich schön schreien. Oper, große Oper. Nur hat man ein Dach ganz knapp über dem Kopf und das hält nicht nur die Sonne ab, es dämmt und zwar sehr effizient, wie ein guter Kopfhörer. Die Arie, im Heck gesungen, bleibt dem Ohr fern, jedenfalls hat man akustisch keinen Logenplatz. Und genau den liefert der Spider.
Nach diversen Kreisverkehrs-Glücksmomenten plus einem kurzen Stopp in Ravenna inklusive Gassen-Schleichfahrt und Kopfsteinpflaster-Stepptanz, rollt der Spider wieder zurück Richtung Heimat. Ein paar Kilometer auf der Autobahn. 120 km/h, mehr ist nicht erlaubt und deshalb lockt die nächste Ausfahrt, weil man mit 20 oder 30 km/h weniger auch auf Landstrasse ganz gut voran kommt. Dach ab, Sonnenbrille auf und LKW-Slalom einläuten. Hauptsache der Truck ist nicht mit 90 unterwegs, dann wäre der Sprung links vorbei zu nah am Staats-Foto. Wir kennen das und es ist zu teuer, zu nervig und deshalb langweilig. Tickets braucht kein Mensch.
Während Maranello immer näher rückt, der Berufsverkehr das Thema Stopp and Go in den Vordergrund schiebt und man die Laufruhe des Motors im Leerlauf begrüsst, denkt man laut über den Spider nach. Er ist fix im Programm, seit vielen Jahren. Der Kunde wünscht den Oben-Ohne-Ferrari und er kauft ihn. Tom Selleck, alias Magnum, steuerte den 308 GTS auf Hawaii durch die Gegend. Er musste im Spider sitzen, seiner Körperlänge geschuldet. Den California Spider erwähnen wir an dieser Stelle auch noch. Niemals wurden 12 Zylinder derart elegant und zeitlos schön verpackt. 166 und Konsorten bleiben unerreicht, auch weil sie weit mehr als nur die ersten Ferrari waren.
Im 488 Spider erlebt man das Thema Spreizung a´ la Ferrari auf die feinste Art. Der V8 BiTurbo in Kooperation mit dem Doppelkupplungsgetriebe kann fast unmerklich vor sich hin werkeln. Auch wenn man in den meisten Fällen das blitzschnelle, kaum merkliche Wechselspiel der Gänge nicht braucht, aber wenn man dann nur für einen kurzen Augenblick den Zweisitzer von 30 auf 100 km/h rennen läßt und die Gänge nahezu ohne Übergang abgearbeitet werden, dann kann man sich recht deutlich in die Rolle eines Rennfahrers hinein versetzen, vor allem, weil man mit dem 488 Kurvengeschwindigkeiten erleben kann, die weit über dem Durchschnitt liegen, über dem Sportwagen-Durchschnitt. Die Bremsen inklusive der Reifen arbeiten präzise bis unglaublich. Wenn die 1,5 Tonnen Automobil aus 90 km/h zum Stillstand gebracht werden, wähnt man sich in einem extrem sicheren Auto. Bis zum Punkt 0 reduziert der Italiener extrem sauber, knallhart und todsicher, längere Bremsmanöver lösen erst sehr, sehr spät ein Gefühl von Fading aus.
Wir fassen zusammen. Der Ferrari 488 GT Spider ist Supersportwagen und Spider in einer Person. Man erlebt die emotionalste Seite der Marke Ferrari ohne Abstriche und die erste Ausfahrt im Kreisverkehr ist in diesem Ferrari auch die beste.
Fotos: Ferrari
Die technischen Daten (laut Hersteller):
Motor: V8 BiTurbo (Mittelmotor)
Hubraum: 3.902 ccm
Leistung: 492 kW / 670 PS bei 8.000 U/min
Drehmoment: 760 Nm bei 3.000 U/min
Antrieb: Hinterräder
Getriebe: 7-Gang F1-Doppelkupplungsgetriebe
Maße:
Länge: 4.568 mm
Breite: 1.952 mm
Höhe: 1.213 mm
Leergewicht: 1.525
Fahrleistungen:
0-100 km/h: 3,0 Sekunden
0- 200 km/h: 8,7 Sekunden
Top Speed: 325 km/h
Verbrauch:
kombiniert: 11,4 l/100 km
CO2: 260 g/km
Preis in Deutschland ab: 228.326,00 Euro
Foto: Ferrari
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