driven by exception
Fahrbericht Fiat 500e Abarth – Sound am See
Der Starnberger See, Münchens teuerster Vorgarten, lebt von guter Luft, wunderbarer Aussicht auf Natur und dem Flair des einfachen, ländlichen Luxus-Lebens. Lautstarke Kompaktautos in grellen Farben sind hier eher selten und vermutlich auch nicht gern gesehen/gehört.
Hamburg im Juli 2023
E-Antriebe sind leise, weshalb Tempo 30 zur Erhaltung der nächtlichen Ruhe für einen 500e nach Satire klingt. Setzt man aber hinter das kleine E das Worth Abarth, macht Tempo 30 wieder Sinn. Denn die Fiat-Tochter Abarth hat sich für den Sound, den Abarth-Sound entschieden. Selbstverständlich abschaltbar. Der lieben Nachbarschaft wegen. Und weil dieser E-Wagen auch bei 29 km/h die Nachtruhe nachhaltig stören kann. Sogar im Stand.
Carlo Abarth, Österreicher, in Wien geboren und später italienischer Staatsbürger, fuhr Rennen, war schnell und ein ausgebildeter Mechaniker. Dies alles zusammen musste in einer Karriere als Eigner eines Rennteams führen. Er war Leiter eines Rennteams, entwickelte eigene Rennwagen, Prototypen, Monoposti und er verwandelte Serienfahrzeuge der Marken Fiat, Lancia und Autobianchi in wettebwerbsfähige Rennwagen. Und die meisten Menschen sehen, wenn sie den Namen Abarth hören, einen kleinen Fiat mit geöffneter Heckklappe, der so manchen größeren Konkurrenten um die Ohren fuhren. Der Sound dieser kleinen „Rennzwerge“ war nicht nur typisch sondern auch mehr als nur laut.
Und nun finden wir den Knopf im Monitor. Der Elektriker aus Turin wummert los, schlechte Laune oder einfach nur die Stimme der Kampfeslust. Jedenfalls sind E-Antrieb und Verbrenner-Sound nicht zwangsläufig kompatibel. Auch wenn der Soundgenerator jeden Druck auf´s Pedal mit entsprechender Musik untermalt. Wir schalten ein und aus. Der Unterschied liegt in der Umgebung. Auf der Landstraße klingt der kleine Abarth schon sehr lebendig, sehr motiviert. In der Stadt fühlt sich der Mensch in dieser Sound-Wolke dann doch ein wenig deplatziert. Alte Männer in lauten Autos. Passt nicht. Es sei denn, sie sitzen in einem Klassiker.
Und jetzt fahren wir. 155 PS aber nicht immer. Ein paar Vokabeln lernen wir: Turismo, Scorpion Street und Scorpion Track und dann noch Säure-Grün, Gift-Blau oder Adrenalin-Rot. Drei Fahrmodi und drei Farben. Exklusiv für den Abarth. Die Modi unterscheiden sich in Leistung, Fahrbwerksabstimmung und Energie-Management. Mal ist der Abarth schnell und hart, mal sammelt er möglichst viel Energie über Rekuperation und mal sind nur 130 PS verfügbar und der Wagen ist dann lieber etwas kommoder unterwegs. Die Farben kann man auch als Kriegsbemalung bezeichnen. Grell und laut. Vermutlich sollte, wer oft im Scorpion Street Modus unterwegs ist, eine eher ruhigere Farbe wählen. Wir schalten auf Track und der Italiener gibt alles. Sehr direkt die Lenkung, wir freuen uns über reichlich Seitenhalt der Sitze und bei einem Wendekreis der einem großen Bierdeckel nicht unähnlich ist, sind besonders enge Kurven ein Vergnügen. Das Heck neigt dann zwar zu leichten Ausflügen, aber es lässt sich leicht wieder einfangen. Grundsätzlich ist der 500e von Abarth eher der kernige Dynamiker, auch ohne Sound. Im Track-Modus, sinkt die Reichweite deutlich, auch weil der Mensch in der härter ausgelegten Federung das Bedürfnis nach zackiger Fortbewegung deutlicher spürt und den Gasfuss nachhaltiger senkt. Enge Kurven, kurze Haken und dann eine feine Gerade, das sind die Motivatoren, die nach Leistung schreien und das kostet. Im Scorpion-Modus ist dann die Stadt das beste Revier. Es wird stärker rekuperiert, die Reichweite steigt deutlich und das Thema Komfort tritt in den Vordergrund.
Ein Fazit: Der Abarth 500e kann ein Alltagsauto sein, dem man per Fingertouch ein paar deutliche Sportschuhe anziehen kann. Er kann hart, schnell und kantig. Und er kann ruhig, komfortabel und sparsam. Und dann kann er noch prägnant und auffällig sein. Die entsprechende Farbe plus Sound und der kleine Italiener gibt den Krawallo.
Fotos: Fiat