driven by exception
Fahrbericht Lexus UX 300e – Die Ruhe der Gelassenheit
Wir kennen ihn bereits, als Hybrid, als Vollhybrid. Mit diesem typischen Flair eines Lexus. Also beste Verarbeitung, luxuriös und traditionell japanisch. Handwerk und Qualität. Nun also der 300e, mit 204 PS und der Aura des in sich ruhenden Taktgebers.
Anno 2020
Natürlich ist der Anfang nicht mehr so emotional. Elektroautos gibt es mittlerweile in jeder Größe und Güte. Die riesigen Wagen mit noch mehr Masse auf den Rädern, die wie Schultern unter dem Gewicht ächzen. Und die Puristen, deren Job ganz einfach zu beschreiben ist: „sei effizient, verschwende keine Energie.“ Und dann sind da noch ein paar Sportler, die den Sprint so lieben und ihn auch gerne vorzeigen. Dass dabei der heilige Saft in Strömen fließt, geschenkt. Der Mensch will, was der Mensch will. Und hierzulande will man immer noch nach vorn rennen und dabei schneller sein als der Rest des Feldes.
Der UX, ob als Hybrid oder ausschließlich mit Reihenvierzylinder, ist in keiner dieser Versionen ein sportlicher Wagen. Er ist fix, er kann auf der Autobahn mithalten aber er gewinnt keine Rennen, dafür ist der LC zuständig. Der UX als reiner Elektriker ist einerseits ein Stadtwagen für die Tour auf´s Land und er ist ein Botschafter, denn er ist der erste Wagen von Toyota und Lexus, der komplett auf die Unterstützung eines Verbrenners verzichtet und, was noch erstaunlicher ist, Toyota zählt zu den Herstellern, die das Thema Brennstoffzelle und Wasserstoff ganz weit oben auf die Agenda geschrieben haben. Und nun also ein „herkömmlicher“ Elektriker. In Deutschland jedenfalls rechnet man nicht mit Höchstwerten beim Verkauf. Der UX 300 e wird limitiert auf 200 Exemplare. Vorerst.
Und jetzt sitzen wir drin. Und wir kennen uns aus, weil man zunächst den Unterschied zwischen dem h und dem e nicht sofort erkennt. Die Differenz erscheint auf dem Monitor vor dem Lenkrad und natürlich im großen Zentralbildschirm, in dem man jegliche Hinweise auf den Verbrenner vergeblich sucht. Drehzahlen gibt es nicht, die schöne, bewegte Grafik, in der man, einem Lehrfilm gleich, so wunderbar sehen kann wohin der Strom fliesst und wer gerade den Akku befüllt, sie fehlt. Ein reiner Elektriker ist eben simpel unterwegs. Lediglich der Energiefluss aus der Rekuperation wird angezeigt, man lupft den Gasfuß oder tritt die Bremse und, je nach Einstellung, wird der Akku beliefert und der Wagen reduziert den Vorwärtsdrang mal mehr, mal weniger.
Fahrbericht Lexus UX 300e – Immer diesen Tick feiner
Immer noch an Bord, das Bedienkonzept mit Touchscreen in der Mittelkonsole. Es ist besser als am Anfang, als man einen sehr sensiblen Finger brauchte um den Cursor an die richtige Stelle zu bringen, um dann mittels des finalen Klicks eine gewünschte Reaktion zu provozieren. Jetzt ist es einfacher, man trifft öfter den richtigen Punkt. Zitteraale würden verzweifeln.
Und der Rest? Wunderbar verarbeitet, mit Liebe zum Detail. Japanisch im Ausdruck, weil verliebt in kleine Dinge. Die Ästhetik anders. Die beiden Hörnchen links und rechts am Gehäuse des Instrumentenmonitors. Man kann sie mögen, man muss aber nicht. Es gibt noch immer reichlich Arbeit für den Zeigefinger, Druckknöpfe sind überall. Und es stört nicht, es sieht noch nicht mal altbacken aus. In jedem anderen Wagen wäre das Wort „gestern“ sofort gefallen. Nicht im UX.
Den Startknopf gedrückt, nichts gehört, nur gesehen. Licht an, Spot aus. Es herrscht Normalität, der Wagen rollt los, wie ein Vollhybrid, nur mit dem Unterschied, dass nach ein paar Kilometern oder bei Vollgas, kein Verbrenner los brummt. Es bleibt still und weil die Menschen bei Toyota/Lexus wissen, dass das Fehlen eines Verbrenners andere, sonst übertönte Geräusche in den Vordergrund rückt, haben sie mehr für die Dämmung des Innenraumes getan. Damit die abrollenden Reifen und vor allem der liebe Wind im Spiel mit Aussenspiegeln oder überhaupt dem ganzen Wagen nicht zu sehr ins Ohr dringen und die Freude über den lautlosen Antrieb verderben können. Es funktioniert.
Und der Vortrieb? Gelassen, an der Ampel auch schon mal zügig, wir kennen das von unserer Bohrmaschine, es geht halt sofort los, ohne Verzögerung. Bis 160, dann werden die Zügel per Technik gezogen, damit der Stromtank nicht zu schnell nach Fütterung ruft. Und abgesehen davon, sind die meisten Menschen hinter dem Steuer eines echten E-Autos eh nicht der Hektik des Bleifusses unterlegen. Sie lassen laufen und lupfen gern und oft. Möge Energie fliessen, zurück in den Vorratsraum unter dem Boden, auf das die Fahrt dauern möge, damit man nicht zu viel Kaffee an Futterstellen trinken muss. Wobei der 300e sicher nicht zu den Schnellsten seiner Art zählt. Man steht mindestes eine halbe Stunde und im schlimmsten aller Fälle dauert es einen halben Tag, bis der Japaner an der heimischen Steckdose restlos satt ist. Er nuckelt dann eher.
Wir fahren weiter, Autobahn, Landstraße und das Lieblingsrevier, die Stadt. Dort fällt er auf, wegen seiner Erscheinung. Die Kühlermaske als Erkennungszeichen, die beiden Lüftungsschlitze, rechts und links, dienen nicht nur der Kühlung, sie sind Teil des Gesichtes. Weiter hinten eine Konturenlandschaft, inklusive durchgehendem Leuchtband, das man in letzter Zeit öfter sieht. Die LED-Technik macht´s möglich. Insgesamt strahlt der UX, wie man es von einem Lexus erwartet. Es geht dabei immer um Charakter. Der UX soll, wie alle Lexus, das Thema Sportlichkeit, aber nicht um jeden Preis, kommunizieren. Optisch ja, akustisch eher nicht. Krawall ist seine Sache nicht. Obwohl man im 300e per Tastendruck den Sound ein wenig in Richtung Verbrenner justieren kann, aber eben sachte.
Wir steigen wieder aus. Der Elektriker aus dem Hause Lexus ist so typisch, wie ein Lexus nur sein kann. Die Entwickler haben sehr genau auf Qualität geachtet. Die Designer haben ihm einen Charakter gezeichnet. Genau das haben wir erlebt. Kein E-Auto von der Stange. Immer diesen Tick feiner, immer diese Nuance hochwertiger.
Nachtrag 2024
Natürlich wurde er modifiziert und zwar sachte. Was uns enttäuscht: die Ladeleistung von maximal 50 kW wurde nicht angetastet. Das ist schade und weckt den Verdacht, dass Lexus diesen Wagen nicht wirklich ernst nimmt. Beim Thema Vollhybrid sind die Japaner ganz oben auf der Skala unterwegs, beim Elektrik-Thema nehmen sie eher die Rolle des Zuschauers ein.
Fotos: Lexus
Motorleistung: 150 kW/204 PS
Drehmoment: 300 Nm
Batterie: 54,3 kWh
Maße:
Länge: 4.495 mm
Breite: 1.840 mm
Höhe: 1.545 mm
Radstand: 2.640 mm
Leergewicht: 1.850 kg
Laderaum: 367 l
Fahrleistungen:
Top Speed: 160 km/h
0-100 km/h: 7,5 s
Verbrauch laut WLTP: 16,9 – 17,1 kWh
Reichweite laut WLTP: 305 bis 315 km
Reichweite laut NEFZ: 400 km
Ladegeschwindigkeit: bis 50 kW
Preis in Deutschland: ab 47.550,00 Euro