Polestar 2
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Polestar 2

Polestar 2

driven by exception

Fahrbericht Polestar 2 – Die Lust auf Wusch

Über 4.000 Kilometer, mehr als zehn Ladepausen und immer dabei 408 E-PS plus 600 Newtonmeter Drehmoment. Im stärksten aller Polestars 2 trifft Sportsgeist auf Effizienz und schwedische Eleganz auf norddeutsche Tiefebene.

Den Polestar 1 lassen wir mal links liegen, der zählt nicht, weil sehr exklusiv und sehr limitiert. Der Polestar 2, Anfang 2020 bei uns gestartet, ist die ambitionierte und clevere Antwort auf die Frage, ob man für kleinere Geldbeutel ein E-Auto bekommt, das nicht nur leise und praktisch, sondern auch emotional, schnell und ansehnlich sein kann. Und bevor wir die ersten Meter in unserem Testwagen erleben, schreiben wir hier auf, was unser Polestar zu bieten hat.

Long Range Dual Motor, also zwei Motoren, einer an der Vorderachse, der andere weiter hinten. Natürlich Allradantrieb, der die maximal 408 PS mehr als überzeugend auf die Strasse setzt. Maximal bedeutet, dass der Schwede diese Leistung nicht dauerhaft, also über hundert Kilometer liefern kann. Der Grund: E-Motoren und Akkus sollen vor Überhitzung geschützt werden. Deshalb folgt auf Dauervollgas eine Ruhephase der Technik. Aus 408 PS werden 218 Pferdestärken. Der Polestar rollt dann eher lässig durch die Gegend. Wir kennen das von anderen E-Modellen und es schützt nicht nur vor gefährlicher Hitze, es erinnert auch daran, dass der Polestar 2 nicht nur Sport sondern auch Komfort kann.

Mit an Bord ist das Paket „Pilot“ und das hat es in sich. Komplettes LED-Licht plus Kurvenbeleuchtung, Querverkehrwarner, 360 Grad Rundumsicht von oben, allerlei Fahrassistenten, und dann ist da noch der „seitliche Parkassistent“, der uns doch ein ums andere Mal die Haut gerettet hat. Der Pilot kostet natürlich extra, wir notieren: 3.500,00 Euro. Das DualMotor Long Range Päckchen kostet natürlich auch ein paar Euro: exakt 5.470,00 Euro. Im Innenraum hat uns der Polestar mit belüftetem Barley Nappaleder und Holzdekor verwöhnt. Der Preis dafür: 4.500,00 Euro. Und dann ist da noch die Außenlackierung. Der Name „Magnesium“ und der Preis: 1.000,00 Euro. 

Wir rechnen zusammen: 

  • Grundpreis: 41.930,00 Euro
  • Pilot: 3.500,00 Euro
  • DualMotor Long Range: 5.470,00 Euro
  • Innenraum: 4.500,00 Euro
  • Magnesium Lackierung: 1.000,00 Euro

Gesamtpreis: 56.400,00 Euro. Abzüglich 3.000,00 Euro Umweltbonus plus MwSt.

Und jetzt legen wir los. 408 elektrische PS auf der Suche nach der Antwort auf die Frage nach dem Für und Wider eines modernen Elektroautos.

Auf dem Sitz geht die Reise los. Der ist nämlich recht schlau, weil er, sobald jemand auf ihm sitzt, den Wagen in Fahrbereitschaft versetzt. Vorausgesetzt, er hat den passenden Autoschlüssel dabei. Bis der Wagen rollt, sind nur ein paar Handgriffe nötig. Linker Fuß auf die Bremse, den kleinen Hebel auf der Mittelkonsole nach hinten ziehen, Gas geben. 

Den Rest haben wir in der Fahrschule gelernt. Ein paar Einstellungen kann man vorab noch vornehmen. Das One-Padel-Prinzip ist über den großen Monitor auf der Mittelkonsole wählbar. Die Konsequenz dieser Einstellung ist gleich zweifach wirkungsvoll. Der linke Fuß ruht sich aus und der rechte bremst, beschleunigt und sorgt für frische, elektrische Energie im Akku. Es ist einfach, klar und etabliert sich ruckzuck als Routine im täglichen Polestar-Leben. Einsteigen – Losfahren. 

In der Stadt erleben wir den Schweden als Ampelsprinter der höchsten Kategorie und als Rekuperierer par exzellence. Wann immer der rechte Fuß das Gaspedal verlässt, reduziert der Wagen die Geschwindigkeit deutlich und speist elektrische Energie in den Stromspeicher. Das ist nicht viel, aber es läppert sich. Zudem schont es die Bremsen. Das Display zeigt 270 Kilometer Reichweite an und daran ändert sich lange Zeit nichts. 

Es sei denn, wir geben den Sportler und lassen das dynamische Duo vorn und hinten von der Leine. Dann füllt sich der rahmenlose Rückspiegel recht schnell mit genervt wirkenden Gesichtern und deren Autos. Bis zur nächsten Ampel liften wir den Gasfuß, der Wagen rekuperiert und reduziert. Das Spielchen könnten wir den ganzen Tag geniessen, der Akku vermutlich eher nicht. Die Sprünge nach vorn erfordern mehr Energie, als die Rekuperationsphase anschließend wieder einspielen kann. Auch deshalb lassen wir unsere Nachbarn an der Ampel lieber in Ruhe, unser Polestar ist keine Rennmaschine. Eher eine sehr potente und sehr stille Sportlimousine und die lassen wir auf die Landstraße, wo man den sehr tiefen Schwerpunkt des Viertürers sehr deutlich erleben kann. 

Zuerst dem Navi die Erkundung der Umgebung überlassen. Im Polestar arbeitet das Android-Universum, also auch Google Maps und das arbeitet so umkompliziert und schnell wie man es sich nur wünschen kann. Der große Monitor auf der Mittelkonsole ist im Grunde ein fleißiges, sehr cleveres Ding, in dem reichlich was los ist. Im Grunde wohnt das komplette Internet hier drin, plus allerlei Dienste, die einem jeden jemals gesungenen Song in die sehr gute Soundanlage schicken. Außerdem liefert uns das System jede verfügbare Ladestation und erklärt uns noch, wieviele Ladestellen jeweils genutzt werden können stehen und ob sie sehr schnell, schnell oder eher gemütlich arbeiten. Und wer will schon die nächsten Stunden zig Kaffee und Burger vertilgen, während die Energie im Pilger-Tempo in den Akku wandert. 

Bevor wir den Schweden an die nächste Futterstelle führen, lassen wir uns von der dynamischen Seite des Polestar verführen. Landstraße und das heisst: Kurven und noch mehr Kurven und dazwischen eine paar Geraden. Und die 660 Newtonmeter freuen sich jedesmal auf´s Neue. Raus aus der Biegung, dank des tiefen Schwerpunktes und des Allrad-Antriebes sitzt der Viertürer satt und sattelfest auf der Straße. Er läuft sauber in die Kurven hinein, die Lenkung ist ein wenig geizig wenn es um Rückmeldungen geht, dafür läßt sich die Bremse sehr gut dosieren. Wir haben vorher den „One-Padel-“ Modus deaktiviert, was dann doch ein wenig Zeit zur Eingewöhnung erfordert. Die Federung ist grundsätzlich recht sportlich konditioniert, was uns dann später ein wenig den Komfort-Drive vermasselt, denn gegen Löcher und Dellen im Asphalt sind harte Federn leider machtlos. 

Und schließlich auf die Autobahn, das Revier für die 408 PS im Geradeauslauf. Wir wollen wissen, wo das Ende der Fahnenstange liegt. Offiziell bei 205 km/h und bis dorthin rennt der Nordländer sehr zügig, fast schon hektisch nach vorn. Bei diversen Zwischensprints wieder das Rückspiegel-Spielchen. Sie werden kleiner und zahlreicher, wenn man den Fuß energisch und nachhaltig senkt. Und das ohne jede akustische Untermalung. Dann das Ende, bei 210. 210. Frechheit. 

Neben dem Anzeiger der aktuellen Geschwindigkeit blicken wir neugierig auf die Anzeige zur Reichweite. Wir führen mit 330 Kilometer im Akku los. Nach gut einhundert Kilometern auf unterschiedlichsten Strecken, mit unterschiedlich aktivem Gasfuß lesen wir: 160 Kilometer. Verschiedene Test haben einen Stromverbrauch von durchschnittlich 15 kW/h gemessen. Wir relativieren diesen Wert, weil der Fahrstil, die Streckenbeschaffenheit und die Außentemperatur eine recht große Rolle spielen. Im reinen Stadtverkehr, also dort, wo man kaum schneller als 50 fährt und der Wagen sehr häufig rekuperiert, wird die Reichweite locker über 400 Kilometer betragen, wenn man den Ampelblitzstart auf ein Minimum reduziert. Die Landstraße mit bis zu 100 km/h plus diverse Zwischensprints wird um 350 Kilometer Reichweite ermöglichen. Auf der Autobahn schmilzt die Reichweite dann schnell unter 300, wenn man den Gasfuß nachhaltig in Richtung Bodenblech drückt. Die Physik fordert ihr Recht und das heisst, wer eine Masse bewegen will, braucht Energie. Wer eine große Masse bewegen will, braucht mehr Energie und wer eine große Masse schnell bewegen will, braucht noch mehr Energie. Der Polestar 2 bringt mehr als 2.100 Kilo auf die Wage und er kann sehr schnell sein. Das Thema Reichweite ist damit auch immer ein Thema für Gasfuß.

Wir ziehen ein kurzes Fazit. Wir haben den Polestar 2 sehr gern erlebt. Als Limousine mit ungewöhnlichem und sehr ansprechendem Design. Innen wie Aussen. Die Klarheit der Schweden, wenn es um Formen und Farben geht, ist bekannt und beliebt. Man findet sich im Innenraum sehr schnell zurecht, die Instrumentierung gibt keine Rätsel auf, die Bedienung ist einfach, schnell und schnörkellos. Die beiden Motoren sind beste Kumpels, sie arbeiten extrem gut zusammen, die 408 PS erhöhen den Spaßfaktor enorm, wobei die Ein-Motor-Version mit dem großen Akku noch mehr Reichweite bietet und dabei gut 2.500 Euro preiswerter ist. Unser Testwagen schaffte im Schongang 450 Kilometer am Stück, allerdings nur, weil wir das Gaspedal mit Samtschuhen behandelt haben und in der Stadt so oft wie möglich den Gasfuß über dem Pedal schweben liessen.  Gegen Zahlung einer Gebühr kauft man das Performancepaket und dann sitzen 476 Pferdestärken an den Rädern, der schinesische Schwede rennt dann in 4,4 statt in 4,7 Sekündlichen von Null bis Einhundert und 20 Newtonmeter Drehmoment sind dann auch nicht drin.

Im Vergleich zu anderen E-Autos der Preisklasse um 50.000 Euro ist der Polestar einer unserer Favoriten, erstens wegen den Designs und zweitens wegen der einfachen und unterhaltsamen Handhabung. Er bietet was für´s Auge, kann blitzschnell sein und man muss ihn nicht jeden Abend an die Stromleine hängen. 

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