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Fahrbericht Porsche 928 GTS - Volle Hütte

Als der 928 sein Ende schon mit Standlicht sehen konnte, wurde noch einmal kräftig aufgerüstet. 350 PS, 500 Newtonmeter und das alles so souverän, als wäre das vollkommen normal. Was erzählt ein 928 GTS auf einer kurzen Ausfahrt? 

 

Alles drin, alles dran. Der Dienstwagen des Vorstandschefs soll, ja er muss, die Spitze des Ganzen symbolisieren. Oder man gibt den Möbel-Chef und rollt in einem klapprigen VW auf den Hof, das ist dann das andere Symbol. Wendelin Wiedeking´s Dienstwagen steht da und ist bereit für ein paar Stunden Lust und Erinnerung. Der Spoiler am Ende der viereinhalb Meter zeugen vom Status dieses Porsche. Und dann ist da noch das durchlaufende rote Band am Heck, das wir in modernerer Form an allen neuen Porsche so mögen. Es war die Speerspitze am Ende der Zeit und Herr Wiedeking wollte alles, was geht in seinem Dienstwagen sehen. Ein Fax, eine Microwelle oder eine schicke Bar mit Gin und Tonic gab es nicht. Auch die Rahmengenähten fanden keine Nische im Kofferraum. Aber dafür dieser sehr starke V8 ohne Turbo und dazu bester Teppich, exquisites Leder mit den besten Nähten, als hätte man diesen Wagen zur ersten Polsterei in Stuttgart gebracht. Dabei wäre das noch nicht mal notwendig. Porsche konnte das auch im Werk und dieser spezielle 928 wurde sicher so wie alle anderen im Werk gebaut. Nur eben vor der Übergabe noch mal geprüft, mit scharfen Augen. Für den Chef und seine Botschaft. 


Wir sehen das Zündschloss rechts des Lenkrades, wir erinnern uns an 356er, die den Startknopf ebenfalls rechts tragen. Dass man für die wichtige Sekunde in Le Mans den Startknopf nach Aussen setzte, kann bezweifelt werden. Ein Startknopf ist wahrscheinlicher. Wir sollten mal ins Cockpit eines 917 schauen. Wir halten vor dem Einstieg den Schlüssel in der linken Hand, was uns als aktive Nicht-Auskenner qualifiziert. Zumindest in diesem Bereich.


Wenn der V8 läuft, zum Leben erweckt wird, ist die Frage nach der Lage des Zündschlosses so wichtig wie die Information zum aktuellen Verbrauch dieses Klassikers. Er summt fast, 5,3 Liter Hubraum sorgen für diesen Ausdruck von Zufriedenheit. Mehr muss nicht sein, der Ritt auf der Kanonenkugel war Münchhausens Traum, im 928, vor allem im GTS, sitzt man derart bequem, es sollen nun 350 PS, oder was davon übrig ist, ihres Amtes walten und uns eine Idee vermitteln, wie man nach Dienstschluss den Weg ins eigene Heim fand. Je nach Lage. 


Fahrbericht Porsche 928 GTS - Mach´ mal halblang


Entweder die letzte Sitzung war ein Totalausfall an Kreativität und Professionalität. Dann sollte der Dienstwagen nun nach vorn rennen und jede blöde Fliege, die der Kühleröffnung zu nahe kam, unvermittelt ins Nirvana stürzen. Ins Nichts führende Meetings sind auch für den coolsten Boss eine Quälerei. Deshalb 350 PS, im 928 sind diese doppelt schön, weil flexibel einsetzbar. Leger dosiert, den Berg hinauf mit mehr als ausreichend Luft in den Lungen, jede Kurve eine Fingerübung und dann, wenn der Meeting-Stress dir den Atem raubt, werden die 350 zur wilden Sau. Ach das hat uns dieser spezielle GTS erzählt.



Motor: V8 Saugmotor

Hubraum: 5.397 ccm

Leistung: 257 kW / 350 PS bei 5.700 U/min

Drehmoment: 500 Nm bei 4.250 U/min

Antrieb: Hinterräder

Getriebe: 4-Gang Automatik / 5-Gang Handschalter


Maße:

Länge: 4.520 mm

Breite: 1.890 mm

Höhe: 1.282 mm

Radstand: 2.500 mm

Leergewicht: 1.620 kg


Fahrleistungen:

0-100 km/h: 5,7 s (5,9 s Automatik)

Top Speed: 275 km/h

Neupreis: ab 178.000,00 DM

Preise heute: um 50.000,00 Euro

Ins Nichts führende Meetings sind auch für den coolsten Boss eine Quälerei. Deshalb 350 PS, im 928 sind diese doppelt schön, weil flexibel einsetzbar.

Anfangs, die kleine Rechtskurve noch sehr vorsichtig nach vorn laufend. Die Lenkung ob ihrer Dienstfähigkeit überprüfend nähert sich die Hauptstrasse. Blinker, Bremse, Ausschau halten und dann, ein wenig zu forsch, dem Gaspedal erklären, dass man nun hurtig los fahren möchte. Der V8 antwortet mit einem „noch zu früh, mach mal halblang“. Man rollt also weiter, durch ein Kaff. Vorbei an Metzgern, Bäckern und einer Tankstelle. Ortsausgang, Tempo 100 ist erlaubt und wird dann auch sehr schnell erreicht. Das alles in aller Ruhe. Der Teppich, das Leder, die ganzen Knöpfe und Schalter um einen herum. Das teils mit Holz ummantelte Volant, so jungfräulich. Nur zwei Druckschalter für die Hupe. In der Mitte der riesige Wahlschalter, auch mit Holz veredelt, weiter oben ein Monitor ohne Apple CarPlay oder sowas. Fast gemütlich anmutend, heimelig. Oase, auch dank der sehr guten Dämmung und, natürlich, der enormen Laufruhe des Motors. 


Die ersten Kurven tauch auf, Lockrufe, die bis zum Gasfuß durchdringen. Der V8 und seine Säfte, die Bremsen, die Reifen und überhaupt der ganze Wagen, alles ist im Dienst. Also Bremse, fast anhalten, Schaltstufe Zwei und los. Das Haupt ein wenig nach oben gereckt, als wollten die Luftöffnungen ein wenig mehr Abstand zum Asphalt und damit frischere Luft inhalieren. Die Kräfte des Wagens treiben ihr Spiel, durch das Schiebedach dringt reichlich Luft in den Wagen, es rauscht von oben und der Asphalt fliegt vorn rein und weiter hinten wieder raus. Dynamik pur in Verbindung mit dieser Ruhe des Selbstverständlichen. Lässig, leger, cool. Ein paar mal wiederholt sich diese Prozedur. Nach langweiligen Meetings, genau die richtige Kur. 


Dann durch die Kurven, das Fahrwerk testen. 1600 Kilo plus zwei Erwachsene. Der Wagen hält die Spur, die Lenkung sehr exakt, das Heck nur bei deutlichem Lupfen ein wenig aus der Reihe wollend. Aber sonst, sehr stabil, sehr sauber, sehr souverän. Auch bei Kehren, die ein wenig zu optimistisch angelaufen werden. Der Porsche zieht auch enge Bahnen, exakt wie ein Satellit um die Erde. 


Autobahn, 130 in Österreich. Fugen. Rillen, kleine Hügel und tückische Löcher im Asphalt. Eine kleine Übung für den stärksten aller 928. Nach einer Sitzung im Vorstand, die positiv, erfolgreich oder zumindest ok war, ist der Dienst-Porsche eine Wohltat, eine Insel der Fortbewegung. Die Sitze super bequem, die Musik findet sehr gute Lautsprecher als Ausdruck einer sorgfältigen Auswahl der Ausstattung. Das Beste wird der Chef gewollt haben und er hat es auch bekommen. 275 km/h in der Spitze, wenn die Concorde rief, in Paris und jede Minute zählte. Der 928 sollte den 911 beerben, was er nicht tat. An den Qualitäten des GTS kann es nicht gelegen haben. Vermutlich an den zwei Seelen in der breiten Brust. Heute ist der 928, vor allem in der GTS-Version, ein begehrter Wagen. Damals, Mitte der 90er, als die letzten vom Band liefen, war er ein Abschiedsgeschenk. Vom Panamera sprach damals niemand. 


Fotos: Porsche