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Fahrbericht Porsche Taycan Turbo S– Lautlos auf der Überholspur

Es geht schneller und manch einem verging Hören und Sehen. Der Taycan wurde als Sportlimousine vorgestellt, aber wir haben ihn als Beschleunigungswunder erlebt. Mit vier Türen, allem Drum und Dran und eben diesem unglaublichen Antritt.


Hamburg, im Jahr 2019


Man kann ja fast nicht anders. Nachdem die Ingenieure den Leistungs-Überfall auf die Räder noch mal erklärt haben, sitzt man vor den Monitoren, am Lenkrad sitzt dieses kleine Einstellrad, welches den Charakter des Taycan erheblich beeinflussen kann, der kleine schwarze Hebel rechts neben dem Lenkrad wird auf D gestellt und das Projektil mit Namen Taycan ist scharf gestellt. Und dann auf der Autobahn. Anschleichen, im Rückspiegel auftauchen, nachsehen, ob die linke Spur frei ist. Den Blinker-Hebel nach unten, tack, tack, tack. Ein kurzer Dreh, Mamba Green zieht nach links, der Gasfuß sinkt nach unten wie ein Fallbeil. Der Kopf samt Oberkörper kuschelt urplötzlich mit dem Sitz und der Wagen vor uns ist in Lichtgeschwindigkeit so klein wie ein 1:40 Model. Man ahnt, dass der Fahrer noch ein wenig länger über das, was da gerade geschah, nachdenken wird. Ein Geist? Ein Raumschiff? Eins von diesen Dingern, die in Area 51 entwickelt wurden? Egal. Es ist weg. Nur noch ein kleiner, winziger grüner Punkt am Horizont. 


Es gibt zwei Taycan. Turbo und Turbo S. Gut 36.000 Euro liegen dazwischen, wenn man den Konfigurator in Ruhe läßt und den jeweiligen Taycan ohne Extras bestellt. Für diesen Aufschlag ist man schneller, ein klein wenig leichter, einen Tick früher an der Ladesäule Wir wissen aus Erfahrung, dass die Themen Reichweite und Ladedauer von exakten Werten oft weit entfernt sind. Der rechte Fuß des Fahrers entscheidet oft spürbar mit und nicht jede Ladestation liefert so schnell wie IONIC. Aber es gilt die Vergleichbarkeit. Das S steht nach unserer Erfahrung für schnell. 


Wir waren in Österreich, einem Staat, der Verkehrsdelikte mit reichlich Motivation ahndet und verfolgt. Obacht war also angesagt. Auf der Autobahn rollten Turbo und Turbo S mit erhöhter Vorsicht und dem Adlerauge des Beifahrers. 120 ist die Zahl des Tages. Mehr ist dann doch zu teuer, zudem wollten wir keine Zeit mit Diskussionen mit Pozilei-Beamten verschwenden. 


Fahrbericht Porsche Taycan – Bohrmaschinen können sowas


Das Spiel des Tages heisst: Landstrasse und laß uns mal warten, bis der Wagen vor uns verschwunden ist. Und dann aus dem Stand die Gerade ausmessen. Der Turbo S soll 2,8 Sekunden bis Tempo 100 brauchen. Handgestoppt: ganz kurz unter drei Sekunden. Dabei meldet sich der Magen samt Inhalt. Das Ganze mehrmals hintereinander und die Kotztüte aus dem Flieger könnte helfen. Es ist eben die Akustik, plus die ansatzlose Beschleunigung, die uns erklärt, dass E-Motoren keine Otto-oder Diesel-Gedenksekunde brauchen. Bohrmaschinen, Achterbahnwagen oder eben E-Autos können sowas. Das besondere am Taycan ist die Beharrlichkeit, mit der der Porsche diese Demonstration der Macht immer und immer wieder abspulen kann. Die Kühlung des Systems macht den Unterschied. Die Tempo-Kastration der Maschinen wird im Taycan verhindert oder besser unnötig. 


Nun ist der Taycan eben auch ein Auto. Also vier Räder, vier Sitze, vier Türen plus reichlich Kino ganz weit vorn. Monitore, das wissen wir aus den anderen Modellen aus Zuffenhausen, sind bei Porsche en voque. Nun gibt’s noch einen Monitor für den Co-Pilot. Mit Touch-Funktion und reichlich Inhalt. Weiter hinten werden dann Pads eingestöpselt oder Phones in Betrieb genommen. Da wäre dann noch die Frage nach dem Alltag, der aber eigentlich, zumindest am Anfang, beim Taycan gar nicht vorhanden ist. Jedenfalls fragt man sich bei Tempo 130 Richtung Innsbruck, was man denn sonst noch so mit diesem Porsche anfangen soll. Immer nur den Mageninhalt auf Standfestigkeit prüfen oder andere Autofahrer in Sinnkrisen stürzen ist natürlich witzig, aber was ist da noch? 


Da ist zum Beispiel das Navisystem, dessen Fertigkeiten beim Finden und Führen noch nicht erschöpft sind. Das Taycan-Navi passt auf, dass man möglichst ohne Angstzustände unterwegs ist. Man kann den Wagen so einstellen, dass er besonders sparsam ist, also langsam fährt, möglichst viel rekuperiert, was der Taycan übrigens sehr gut kann. Dass die Akkus eine technische Vorbereitung auf das nächste Strom-Mahl brauchen, ist bekannt und wird von Navi auch berücksichtigt. Und man sollte mit ungefähr fünf Prozent Ladung an die Säule rollen. Dann ist der Füllprozess besonders schnell. Wir haben das mit 22 Prozent probiert und es hat bis 80 Prozent länger gedauert. Porsche sagt: von fünf bis 80 Prozent dauert´s an einer 270 kW-Station rund 22 Minuten. Und Kollegen bestätigen: es stimmt. 


Der Taycan zählt also zu den Langstrecklern, wenn man ihn läßt, was nicht einfach ist, denn er ist eben auch ein Beschleunigungs-Talent. Was uns, wie immer, zum Mensch und der Physik führt. Bewegung braucht Energie, mehr Bewegung braucht mehr Energie. Je schneller ein E-Auto fährt, desto mehr Energie wird gebraucht. Beim Verbrenner regelt die Drehzahl den Verbrauch. 120 km/h mit 1.200 Touren ist sparsamer, als 90 bei 4.500 Umdrehungen. Es wird also ein wenig dauern, bis der Verbrenner-Nutzer den Trick mit dem E-Auto perfekt nutzen kann. Weniger Speed meint mehr Reichweite. Plus Rekuperation durch Nutzung der Bremse. 


Ein Fazit. Wir fuhren den Taycan in aller Ruhe. Mal heftig unten raus, mal genüsslich bei Tempo 130. Und eben den Berg hinab mit dem linken Fuß in Aktion. Wir haben unsere Reisetaschen in den recht grossen Kofferraum nach hinten verfrachtet, die Sitze sind super bequem. In der Stadt ist der fast fünf Meter lange und recht breite Porsche eben eine sehr, sehr leise Limousine mit dem man die 450 Kilometer Reichweite sehr locker absolvieren kann. Er ist exklusiv, hoch modern und in Kleinigkeiten noch zu verbessern. Der Wahlhebel recht neben dem Volant könnte ein wenig besser platziert werden. Und man sollte sich auf der deutschen Autobahn kein Rennen mit einem 911 leisten. Der Taycan ist ab Tempo 260 abgeregelt. 


Porsche hat uns noch erzählt, dass es bald einen dritten Taycan geben soll. Der Preis soll deutlich unter dem des Turbo liegen. 

Hamburg, im August 2024

Sie nennen ihn immer noch Turbo und Turbo S. Analog zum Audi e-tron GT RS kann man den Porsche mit mehr als 1.000 PS kaufen und er rennt dann auch schneller als 300 km/h durch die Gegend. Weil es irgendwo Leute gibt, die das Wort "Energie-Effizienz" zur unerwünschten Person erklärt haben.






Motoren:

jeweils 1 E-Synchromotor an Vorder- und Hinterachse

Gesamtleistung: 460 kW / 625 PS

mit Overboost und Launchcontrol: 560 kW / 761 PS

Drehmoment: 1.050 Nm


Bremsen vorn/hinten: 420 mm Keramik / 410 Keramik

Getriebe vorn/hinten: Eingang/Zweigang

Antrieb: Allrad mit variabler Momentverteilung


Maße:

Länge: 4,963 mm

Breite: (ohne Spiegel) 2.144 mm (1.966 mm)

Höhe: 1.378 mm

Radstand: 2.900 mm

Gepäck (vorn/hinten: 366 l / 811 l

Leergewicht: 2.295 kg

zul. Dachlast: 75 kg

Wendekreis:11,2 m


Fahrleistungen / Reichweite / Ladezeiten:

Top Speed: 260 km/h

0-100 km/h: 2,8 s

0-160 km/h: 6,3 s

0-200 km/h: 9,8 s


Reichweite nach WLTP: 388 bis 412 km

Stromverbrauch nach WLTP: 24,5 bis 25,7 kW/h / 100 km


Laden:

maximale Leistung DC: 270 kW

von 0 auf 100 Prozent mit 11 kW: 9,0 Std. 

für 100 km Reichweite mit 50 kW: 31 min

für 100 km Reichweite mit 270 kW: 5,5 min

5 bis 80 Prozent mit 270 kW: 22,5 min


Preis in Deutschland ab: 158.456,00 Euro



Fotos: Rolls-Royce