Rolls-Royce Cullinan Black Badge – Luxus á la car

Modena, im Sommer 2019

Wir waren in Modena, der Emilia Romana und dort in einer Villa, die unseren Gaumen verführte. Und dann war da noch ein Brite und der hat uns mit ganz besonderen Talenten beeindruckt. Eine Fahrt in einem außergewöhnlichen Cullinan.


Nein, da war keine Eifersucht spürbar, kein Unbehagen und keine Falten in der Stirn. Da war Gastfreundschaft, Offenheit und Leidenschaft. Modena und Maranello, jeweils einen mittleren Steinwurf entfernt, waren Beobachter und Zaungäste. Eine ungewohnte Rolle, weil man hier, im Norden Italiens ganz gerne und voller Stolz seine Früchte zeigt und vorfährt. Nur diesmal blieben sie in der Garage, im Verborgenen. Kein einziges Exemplar italienischer Motoren-Kunst war zu zugegen. Ein Brite, genauer vier Briten, standen bereit. Zur Gala.


Black Badge, also jene Ausprägung eines Automobiles, das weit mehr als nur teuer sein will, rief zum Meeting. Es wurde eine Vernissage, eine Begegnung, ein Moment. Einer der Vier war der Neue, der Jüngste und der Verführer dieses Tages. Deutlich über fünf Meter lang, höher als die meisten Gäste und so herrlich blau, Salamanca Blue, um genau zu sein. Nicht schwarz, nicht düster, nicht wie ein Geist der Nacht. Das Blau ist eine Idee, eine Antwort au die Frage, weshalb Black Badge. Es gehe um Handwerk, Kreativität und das Besondere, so die Leute von Rolls-Royce Motorcars. Der Lack wird nicht einfach aufgebracht, nicht in der üblichen Art und Weise. Er wird dem Wagen überreicht. Opulent, fast too much. Sechs mal läßt sich der lack auf die Karosserie nieder, einem Regen gleich. Dann die Politur. Per Hand, mit Sorgfalt, als gälte es Einzigartiges zu leisten. Der Empfänger soll sein Spiegelbild sehen und staunen. Genau das geschieht dann auch. Die Karossiere wird zum Kunstwerk. Mit Rädern, Fenstern und dieser Dame über der Kühlermaske, der man ein neues Kleid angelegt hat. Mattschwarz, schimmernd und äusserst elegant. 


Im Inneren, Leder plus Carbon. Modern, sexy, anders. Das Carbon haben sie in Goodwood aus Fäden gefertigt. X-mal poliert. Auch hier der Glanz des Besonderen. Kontrastnähte an den Sitzen, das Volant, schlank und rank wie bei allen Kindern der Familie Rolls-Royce, schmiegt sich in die Hände. Der kleine Schalthebel, rechts daneben, nach unten geführt und der große, blaue Wagen verharrt nicht mehr, seine Räder drücken, fast schüchtern, den weißen Kies ein wenig zusammen. 600 PS und ein Gaspedal geben ihre Verbindung bekannt, die Ausfahrt wird zum Portal, ein paar stolze Bäume schauen uns hinterher. Die Emilia Romana gehört uns. Dem Rolls-Royce Cullinan Black Badge.


Der Brite mit den kleinen Sitzen im Heck erkundet den Bauch Italiens, er schlendert zunächst ein wenig verträumt durch die Gegend. Er geniesst fast die Aufmerksamkeit der Menschen am Straßenrand. Trotz seiner mehr als 2,6 Tonnen Leergewicht kann er wie ein Artist durch Kurven laufen, am Scheitelpunkt das Haupt leicht in die Höhe gereckt nach vorn laufen und die Insassen ein wenig in die Sitze drücken. Leicht nur, aber spürbar. Das Ganze geschieht ohne die sonst übliche Akustik. Ein V12 BiTurbo nebst Auspuffanlage könnte deutlich lauter sein, ein Rolls-Royce geniesst und schweigt. Auch unser spezieller Cullinan. Wir fahren schnell, sehr schnell. Ein und raus, aus engen, langen, offenen und geneigten Kurven. Hinaus auf lange Geraden, mit der Kraft der 900 Newtonmeter und der Gewissheit, dass dieser Wagen deutlich mehr kann, als man erwartet.


Das Interieur, das Cockpit, der komplette Innenraum ist zunächst in der gewohnten Aufteilung und Möblierung zu sehen. Der Co-Pilot schaut auf die Gallery, in die, wenn nichts anderes gewünscht wird, mit dem Zeichen für Unendlichkeit versehen. Plus einem Sternenhimmel, der dann in seiner kompletten Pracht über uns erstrahlt. Plus Kometen, die den Himmel durchkreuzen. Gedanken an Raumschiffe werden wieder einmal geweckt. Kaptain Kirk im Ghost, das wäre eine Idee. 


Der Ghost rollt aus dem Hangar, zum Abflug bereit. Die Start-Landebahn ist befeuert. Es ist stockfinster, die Markierungen leuchten grün und rot. Mitten auf der Bahn ein paar Pylonen. Suizidale Plastikhütchen. Und dann ist da der Knopf mit der Aufschrift „Low“. Man drückt dem Wahlhebel am Volant quasi auf den Kopf und der Ghost ändert seine Laune. Kürzere Schaltzeiten, die 900 Newtonmeter stehen dann schon ab 1.600 Touren zur Verfügung und das Bremspedal ist um ein paar Sektoren sensibler. Und dann ist da noch die Abgasanlage, die für diesen besonderen „Low“-Moment eindeutig auf Sport getrimmt. Und während wir die Zahl der überfahrenen Pylonen auf ein Minimum reduzieren, zeigt sich dieser sehr edle Ghost von seiner sehr jugendlichen Seite. Das Volant ist in beiden Händen gut aufgehoben, die Limousine verdient sich gerade das Sportabzeichen und wir überlegen, wie sich dieser Brite auf der fahrt nach London anfühlen wird. 




Technische Daten

Rolls-Royce Ghost II Black Badge

Motor: V12 BiTurbo

Hubraum: 6.749 ccm

Leistung: 441 kW / 600 PS bei 5.000 U/min

Drehmoment: 900 Nm bei 1.700 bis 4.250 U/min


Antrieb: Allrad

Getriebe: 8-Stufen-Automatik

Leergewicht: 2.490 kg


Fahrleistungen und Verbrauch:

0-100 km/h: 4,7 s

Top Speed: 250 km/h abgeregelt

Verbrauch kombiniert: 15,8 bis 16,00 l/100 km

CO2 kombiniert: 359 g/km


Preis in Deutschland ab: 335.430,00 Euro

Fotos. Rolls-Royce Motorcars



Der Ghost rollt aus dem Hangar, zum Abflug bereit. Die Start-Landebahn ist befeuert. Es ist stockfinster, die Markierungen leuchten grün und rot. Mitten auf der Bahn ein paar Pylonen. Suizidale Plastikhütchen. Und dann ist da der Knopf mit der Aufschrift „Low“.

Die M11 ist unser Asphaltweg nach London. Es regnet und die Lady vorn schimmert fast ein wenig zu sehr. Man möchte ihr einen Regenmantel über die Schultern legen. 100 km/h liegen an und die Ruhe im Wagen wird dank einer exzellenten Soundanlage sehr angenehm übertönt. Dieser Ghost transportiert uns in aller Seelenruhe von A nach B. Und die 600 PS werden heute sicher nicht mehr gebraucht. In London dann die Probe des Navigationssystems. Unser Hotel, das Mandrake taucht auf. Leute hängen die erste Weihnachtsbeleuchtung über die Strassen, der Ghost spuckt uns aus, verschwindet und hinterläßt einen Eindruck.


Das Thema Black Badge übernimmt in der Erinnerung die Hauptrolle. Dieses besondere Schwarz, die Kontraste und die fast schon übertriebene Auswahl an Farben und Stoffen ist schon beeindruckend. Und noch cooler ist der Look dieser Limousine. Das leise Schimmern der Karosserie, die 600 PS, deren Kraft einerseits dezent auftritt und die doch immer im Hintergrund bleibt, ist schon bemerkenswert. Schwarz als Außenfarbe, eine Message an die da Draussen, ist nicht immer mit positiven Gedanken und Assoziationen verbunden. Bei Rolls-Royce verschwinden diese Bilder im Kopf. Das Black-Badge Schwarz ist anders.