Exclusive-Life

driven by exception

Alfa Romeo 4C Spider Italia – Inselgeflüster 

Auf Rügen liegen die Kurven meist recht unmotiviert auf dem Boden. Sie dösen, sie schlummern. Hier und da tuckert eine Familie mit Kind und Kegel im Wolfsburger Einheits-Wagen über sie hinweg. Und dann kommt ein Italiener. Blau, laut, schnell und voller Enthusiasmus. Und die Kurven wachen auf und freuen sich über die nette Abwechslung. 

 

Kaum biegt der silberne Kombi ab, tauch davor noch ein klitzekleiner Zweisitzer auf, den man eigentlich nur dann bemerkt, wenn man dringend aufs Klo muss und man leider feststellen muss, dass dieses Dings doch kein Baustellen-Örtchen ist. Egal, der Zweitürer macht sich an der nächsten Kreuzung auch aus dem Staub und der Alfa schaut hoch erfreut auf eine Aussicht, die man gerne näher inspizieren will. 

Mitten auf der Ferieninsel Rügen hat die zuständige Strassenmeisterei ein paar Kilometer Asphalt liegen lassen. Anstelle von Warnschildern müsste eigentlich ein schicke Tafel mit den Worten „Viel Spaß“ am Rande stehen. Für einen 4C mit Dach im Kofferraum ist das eine Freude, der Mensch hinter dem Steuer freut sich mit und schaltet mal eben zwei Gänge nach unten. Der Vierzylinder krempelt die Ärmel hoch und die Sache nimmt ihren Lauf.


Nun steht er da. Leerlaufdrehzahl um 800 Touren. Drei Finger der rechten Hand am Abzug, der Gasfuß wird schwerer. Vorn und hinten nichts zu sehen. In rund vier Kilometern Entfernung ein Kirchturm, der eine Wolke kitzelt. Weiter hinten ein paar Fetzen Ostsee und auf dem Feld weiter links sammelt jemand etwas auf und wirft es dann in einen Hänger. Samstags liegen Männer auf Rügen entweder auf dem Sofa, am Strand oder sie kümmern sich um Dinge, die sie auf Feldern gepflanzt haben. Der Alfa steht noch immer.


Das Fallbeil in Form einer Goodyear-Sohle fällt hinab, das Gaspedal flüchtet sich in Richtung Bodenblech, gleichzeitig ziehen drei Finger das Paddel nach hinten und der Vierzylinder schickt reichlich Dynamik an die Hinterräder. Der Alfa steht nicht mehr, er rennt los, als hätte er am Kurveneingang eine Kiste Gold entdeckt. Er stürzt sich mit lautem und tiefen Gebrüll in die ersten Zentimeter der Biegung, das Getriebe hat inzwischen zweimal nach oben geschaltet, immer kurz vor dem Begrenzer. 


Der Gasfuß hebt sich langsam, während sich der Bremsfuß nicht viel schneller senkt, der Alfa hebt kaum merklich das Haupt, die Pirellis haben sich in den Asphalt verliebt und wollen ihn nicht mehr loslassen. Der Wagen verliert an Tempo aber nicht an Lust. Er brüllt noch immer, er rennt noch immer. In der Biegung freut man sich über die präzise Lenkung, die die Reifen auf den Zentimeter genau an den Fahrbahnrand führt, im Scheitel dann wieder die Füße. Der Gasfuß senkt sich schnell, der Bremsfuß schwebt frei über seinem Pedal und der 4C rennt aus der Kurve wie ein Fuchs, der den Hühnerstall so schnell wie möglich verlassen will. Kein Huhn auf der Strasse, dafür der nächste Stall in Sicht.


Diesmal ein etwas enger Stall. Recht kurz, gut einsehbar, mit einer langen Geraden als Fluchtweg. Immer noch diese Einsamkeit, die dem Alfa und seinem Benutzer so gut gefällt. Wieder der Anlauf, diesmal nur einen Gang nach oben geschaltet, dann den Bremspunkt etwas tiefer in die Kurve gelegt. Zu spät. Der Italiener schiebt ein wenig, Gas weg aber behutsam. Schwein gehabt, sonst Acker und Dreck am Wagen. Beschämt aus der Restkurve, langsam durch den Ort mit der Kitzel-Kirche. Dahinter der nächste Versuch, diesmal recht lang, anfangs offen und dann fies in ein Spalier aus Sträuchern laufend. Also verdeckt am Ende.


Wieder Anlauf nehmen, wieder im Dritten hinein, diesmal im Zweiten ab dem Scheitel hinaus zum ersten Ende, dann Lupfen, nach Gegenverkehr Ausschau halten, nichts zu sehen und Meldung an Gasfuß „Senken“, der Alfa hebt das Haupt ein wenig, die Lenkung arbeitet wie Karajan. Je schneller der Wagen, desto besser die Verbindung zwischen Rädern und Volant. Die Kurve neigt sich ein wenig nach innen, bis zum Ausgang sind es noch hundert Meter und der Wagen brüllt bei 5000 Touren im Zweiten. Noch mehr Gas, noch näher an die Grasnarbe und der Ausgang belohnt mit dem Gefühl, dass man diesmal vieles richtig gemacht hat. Kaum Verlust an Dynamik, kaum Unruhe, dafür die reine Lust am Ertasten der eigenen, fahrerischen Grenzen. Der Wagen kann sicher deutlich mehr.


Nach ein paar Dörfern, ein paar Feldhasen, die das blaue, laute Dings beobachtet haben und nach einigen weiteren Kurven neigt sich der Tag dem Ende. Dem 4C geht der Sprit aus, dem Fahrer die Konzentration und der Insel das Licht. Später wird der Alfa auf der Autobahn bei Tempo 220 ein paar Leute erschrecken, weil man diesen Italiener nicht für so schnell hält. Vor allem, weil das Verdeck hinter den beiden Sitzen steht und der Blaue deshalb für einen Spazierwagen gehalten wird. Das ist ein Fehler, den der Fahrer einer 500 PS-, 2400 Kilo-Limousine gerne macht. Mal abgesehen davon, dass man im 4C so nah am Fahrspaß sitzt, als wäre man ein elementarer Teil davon.


Wir müssen über ein paar Dinge reden. Fahrkomfort, Vernetzung, Unterhaltung, Verbrauch und Nutzwert allgemein. 


Der Fahrkomfort ist gigantisch, wenn man auf direkte Motoren und Auspuffgeräusche steht. Das Thema Dämmung spielt eigentlich eine untergeordnete Rolle, obwohl man die Verkehrsnachrichten hören kann, wenn man den Drehknopf am Radio ein wenig mehr dreht. Die Vernetzung ist überraschend gut, das Radio ist mit einer USB-Buchse versehen und Bluetooth kann es auch. Man kann also sein Smartphone mit dem Wagen verbinden und dann lustig durch die Gegend navigiert werden. Unterhaltsam ist der Wagen ganz allein, da braucht es eigentlich keine zusätzlichen Gadgets. 


Beim Verbrauch steht der Gasfuß im Mittelpunkt. Wie bei allen anderen Autos auch. Die 6,9 Liter pro 100 Kilometer haben wir nicht geschafft, vielleicht acht Liter, aber auf alle Fälle auch ein Dutzend, weil der 4C ein Verführer der obersten Kategorie ist. Genutzt hat uns der Alfa eigentlich immer. Auch wenn weiter hinten eine mittelgroße Reistasche rein gepasst hat und hinter den Sitzen, wenn das Dach da nicht steckte, war nur Platz für sehr schlanke Dinge. Und das auch nur, weil Fahrer und Beifahrerinn nicht länger als 1,8 Meter waren. 


Insgesamt war lag die Quote für echte Begeisterung bei guten 97 Prozent. Der Weg in den Parkplatz war hier und da ein wenig mühselig, aber das lag an den verweichlichten Muckies an den Armen des Fahrers. Ohne Servo lenkt es sich eben anders. Dafür durfte man sich eines mindestens kleinen Publikums sicher sein. Der 4C fällt auf. Aber wenn man drin sitzt, den Gasfuß senkt und dem Einerlei auf unseren Strassen begegnet, dann ist dieser Italiener so ziemlich der charmanteste und vor allem fahrfreudigste Kerl, den man sich wünschen kann.

Motor: 4-Zylinder Reihe Turbo

Hubraum: 1.742 ccm

Leistung: 177 kW / 240 PS bei 6.000 U/min

Drehmoment: 350 Nm bei 2.100 bis 3.750 U/min

Antrieb: Hinterräder

Getriebe: 6-Gang Automatik


Maße:

Länge: 3.989 mm

Breite: 1.864 mm ohne Spiegel

Höhe: 1.183 mm

Radstand: 2.380 mm

Leergewicht: 1.015 kg

Gepäckraum: 110 Liter

Tank: 40 Liter


Fahrleistungen:

0-100 km/h: 4,5 Sekunden

Top Speed: 257 km/h


Verbrauch und C02 nach RL 80/1268/EWG):

kombiniert: 6,9 l/100km

CO2: 161 g/km




Preis in Deutschland ab: 72.000,00 Euro inkl. MwSt.