Exclusive-Life

driven by exception

Lamborghini Urus – Friss´ meinen Staub 

Den Wochenendeinkauf kann man mit ihm machen. Oder den Ausflug mit den Kids plus Gepäck. Alles kein Thema. Aber eigentlich will man für sich allein haben. Mal die A7 mit 300 runter kacheln und später ein paar Kilometer Landstrasse, mit ordentlich Lenkarbeit. Und dann noch ein Feldweg zum Aufwirbeln. Wir haben das mal ausprobiert.

 

Und plötzlich biegt er ab. Auf den Feldweg. Er gibt Vollgas, die Staubwolke hinter ihm wächst sich zu einer Staubwand aus. Aussichtslos. Abbrechen. Der Fluchtwagen ist weg, verschluckt, verschwunden. Mit ihm unterwegs: Vier schwere Jungs plus zwei Säcke mit Bargeld. Polizeiberichte können auch spannend sein. Im Passat einem Urus auf den Fersen. Kurz nur und heftig. Ein Gesprächsthema für die Umkleide beim Schichtwechsel. 


Die Polizei war wirklich hinter uns her. In aller Ruhe und mit der Portion Neugier ausgestattet, die ein Polizeibeamter, der sich für Autos interessiert, auch im Dienst ausleben kann. Wir halten in einer Parkbucht, der Peterwagen hält hinter uns, zwei Herren steigen aus und grinsen. Man habe den Wagen noch nie gesehen, ob das der Lambo für´s Grobe sei. Und dann die italienischen Kennzeichen. Ob man ein paar Fotos machen dürfe. Man durfte, natürlich. Der blaue Urus glänzt in der Sonne des Nordens und später dann, beim Schichtwechsel. 


Lamborghini Urus – Spiel mit den Zahlen


Ein paar Zahlen wollte man noch wissen. Top Speed? 305. 0-bis 100? 3,6 Sekunden. Gewicht? 2.197 Kilo. Aha. Und der Sound? Kurz den Gasfuß gesenkt und zwei Dinge gelernt. Erstens: Polizeibeamte sind manchmal auch Auto-Fans und zweitens: Der Urus entspricht vollständig den hiesigen Verkehrsregeln. Vor allem dann, wenn man den Wagen cool durch die Stadt laufen läßt. Also ohne Gebrabbel. 


Lassen wir die Ordnungshüter ihren Job erledigen. Der Urus will los. Raus aus der Stadt, hinauf auf die A7. Hamburg Richtung Hannover, ein Teilstück. 3 Spuren pro Richtung, kein Limit und wir haben Glück. Fast nix los. Der Italiener spaziert anfangs mit 80 auf der rechten Spur, dann Ausgangs einer langen, offenen Rechtskurve dann die Flagge zum Start. Schwarze Linien auf weißem Grund, der eben noch neben uns rollende PKW verschwindet im Rückspiegel, die mittlere Spur verwandelt sich in eine Sicherheitszone, weiter vorn kommt eine leichte Steigung in Sicht, die digitale Anzeige spielt mit der Zahl 290, die 300 zuckt kurz auf, wieder 299 und dann für einen Wimpernschlag 306. 


Während der letzten Minuten war der Fahrer sehr fokussiert, der Seitenwind war hier und da ein Thema, aber der Urus blieb sehr standhaft. Kein Wackeln, keine Unruhe, abgesehen vom Motor und der Abgasanlage. Beide holten raus, was man von einem V8 mit Turboaufladung erwarten darf. An den Füssen spürt man die begeisterte Arbeit der Reifen. Von Pirelli speziell entwickelte Pneus, deren Aufgaben klar definiert sind: Grip aufbauen und halten und Fahrkomfort durch sauberen Abrollen garantieren. Beides erledigen die P-Zeros mit eindrucksvoller Routine. Und der Sound? Kräftiges Fauchen, bei niedrigen Drehzahlen das obligatorische Brummen, ganz weit oben dann, ab 6500 Touren, die Kampfschrei des Urus. Laut, klar und unmissverständlich. Dem Design dieses Italieners angemessen. 

Motor: V8 BiTurbo

Hubraum: 3.996 ccm

Leistung: 478 kW / 650 PS bei 6.000 U/min

Drehmoment: 850 Nm bei 2.250 bis 4.500 U/min

Antrieb: Allrad

Getriebe: 8-Gang Automatik



Maße:

Länge: 5.112 mm

Breite: 2.106 mm mit Spiegel

Höhe: 1.638 mm

Radstand: 3.003 mm

Bodenfreiheit: 158 bis 248 mm 

Leergewicht: 2.197 kg

Leistungsgewicht: 3,38 kg/PS

Tank: 85 l

Gepäckraum: 616 bis 1.596 l



Fahrleistungen:

0-100 km/h: 3,6 s

0-200 km/h: 12.8 s

Top Speed: 305 km/h

Verzögerung: 100 km/h bis 0: 33,7 m



Verbrauch nach EG-Richtlinie 715/2007

kombiniert: 12,3 l /100 km

CO2: 279 g/km


Preis in Deutschland ab: 171.429,00 Euro ohne Steuer


Beim Thema Design schauen wir uns zunächst das Blechkleid an. Der Urus ist grundsätzlich sofort als Lamborghini erkennbar. Nicht an seiner Haltung, die fast aufrecht stehenden Nase, die Bodenfreiheit und das Coupé-Heck, sind obligatorisch. Aber der Charakter des Urus ist ihm ins Gesicht geschnitten. Die in kleine Wagen geschnittene Lüftung direkt unter den schmalen Frontleuchten, der hervor schauende, silbern glänzende Unterbodenschutz und weiter hinten, der Diffusor, als ordnende Einheit für die Luft, die unter dem Wagen bei Tempo 300 am Heck entlang läuft und deren Verlauf technisch sortiert werden muss. Für jeden Rennwagen sind solche Anbauten zwingend notwendig. Was mit den enormen Kurvengeschwindigkeiten zusammenhängt. Der Urus lief mit 300 durch eine sehr lange und sehr weite Kurve und das machte er ausgesprochen ruhig, souverän und ohne Zicken. 


Im Innenraum haben wir zunächst über die sehr ausgeprägte Lust der Designer an Knöpfen, Schaltern und anderen Einstelldingen gestaunt. Vor allem die Mittelkonsole ist eine echte Technik-Insel. Der Pilot ins uns hat seine wahre Freude. In der Mitte ein gewaltiger Startknopf, beschützt durch eine rote Klappe. Als wolle man eine Rakete in die Luft bringen, links und rechts daneben die beiden, nicht weniger wuchtigen, Hebel zur Konfiguration des Fahrmodus und der Fahrwerkseinstellung. Weiter oben das Klima und darüber der Kontrollmonitor. Vor dem Alcantara-Leder-Steuer der digitale Monitor zur Kontrolle aller wichtigen Fahrinformationen. Das alles wirkt auf den ersten Blick recht komplex, man könnte ob der Informationen leicht überfordert sein, aber der Lamborghini ist kein Hexenwerk. Es sind eher seine Kräfte und Fähigkeiten. 


Wollte man den Urus in eine Schublade fahren, es würde ein wenig Hirnschmalz und Erfahrung benötigen. Bei Lamborghini hat man das entsprechende Markenumfeld beobachtet und erkundet. Da wären die üblichen SUV der obersten Preiskategorie plus die SUV-Coupés der obersten Leistungsklasse. Und dann ist da noch eine Zielgruppe, der es nicht stark, schnell und auffallend genug sein kann. Nun kann man einen Serienwagen kaufen, ihn in eine spezielle Werkstatt fahren und dort ein wenig Kraftfutter in Form von Mechanik und/oder Chip-Nahrung in den Wagen einbauen lassen. Aus 400 PS werden dann schon mal 700 Pferde. Ein paar Anbauten, ein wenig Spoiler-Difussor-Flügel-Werk plus tiefer, breiter, glänzender. Fertig ist der Non-Plus-Ultra-Einzelstück-Über-Drüber-SUV, den man dann auf YouTube rund um die Welt schickt. Das alles kann man machen. Muss man aber nicht.


Den Urus muss man nicht zwangsläufig zum glänzen bringen. Vermutlich ist sein Auftritt allein schon auffallend genug. Schwierig wird es dann, wenn weitere Urus-Exemplare auf der gleichen Weide grasen, dann greift mancher Besitzer gerne zum bunten Hut, mit dem der Aur-Ochse dann unterwegs ist. Pfingsten soll das ganz besonders beliebt sein. Aber im Ernst. Der Urus ist sicher kein Automobil für den kleinen Sonntags-Ausflug zwischendurch. Er ist eher die Symbolfigur des derzeit machbaren, wenn man E-Mobilität als nicht praktikabel einstuft. Schneller, klarer, eindeutiger kann man derzeit zwischen Stadt, Land und Fluß nicht unterwegs sein. 

Fotos: Lamborghini